Warum unser Verlag keine Ratgeberbücher herausgibt

Immer wieder kommen Anfragen, ob wir denn auch Ratgeberbücher herausgeben könnten, und wir verneinen regelmäßig mit dem Hinweis auf unser Profil. Aber wir seien doch auch irgendwie usw. usw – außerdem könne man schon im Vorfeld garantieren, dass sich soundsoviele verkaufen …

Wir machen es eben nicht. Es gibt große, namhafte Verlage und auch ein paar kleinere, die sich eben diesem Metier verschrieben haben, und das hat seinen Sinn.

Wenn sich ein Verlag bildet, so wählt er das, was er herausgeben möchte, u. a. aus dem Grund, dass seine Initiatoren eine gute, bejahende Beziehung zu den Texten haben, die sie unter die Leute bringen. Stehe ich selbst voll hinter den entsprechenden Büchern, kann ich sie besser verkaufen. Bei Ratgebern empfinde ich da eher Bauchschmerzen.

Sie mögen so gut sein, wie sie wollen. Ich habe nicht nur am eigenen Leibe, sondern bei vielen meiner Bekannten und Freunde erlebt, dass das, was für den einen ein Heilmittel bedeutete, für den anderen Gift war. Die Idee eines Ratgeberbuches ist – so glaube ich wenigstens – immerhin die Intention, den entsprechenden Lesern Auswege aus Schwierigkeiten, Problemen, Krisen usw. zu zeigen. Damit geht – ebenfalls meiner Ansicht nach – eine große Mitverantwortung einher. Was, wenn demjenigen, der so ein Buch liest, dessen Ratschläge (ja, es sind eben auch SCHLÄGE) nicht nur nicht gut tun, sondern ihn tiefer in die Nöte ziehen, ihn demotivieren bis sogar krank machen? Gut, er ist, so sollte man meinen, erwachsen, er bestimmt selbst, was er liest und wie er damit umgeht. Vielleicht hätte ich ja dann ein zu zartes Gewissen, wenn ich meine, als Herausgeber eines solchen Buches eine Mitverantwortung zu tragen, die ich nicht übernehmen möchte. Es ist aber so.

Die Homöopathie hat in meinen Augen die weiseste Heilphilosophie, weil sie schon im Ansatz von dem Aspekt ausgeht, dass das Heilmittel für den einen Persönlichkeitstyp nicht unbesehen für einen anderen verwendet werden kann, für den es höchstwahrscheinlich Gift wäre. Deshalb zielt sie nicht auf die Behandlung von Symptomen, sondern auf Heilung des ganzen Menschen mit dessen speziellen Charakterzügen, Vorlieben, Abneigungen usw. Dieser Sichtweise kann ich mich leicht anschließen. Außerdem glaube ich auch, dass jemand, der in eine Krise geraten ist, weniger ein Buch oder einen Workshop braucht, sondern vielmehr eine Begleitung, einen aus dem Engpass führenden Helfer. Wenn der aber nicht greifbar ist, was soll dann ein Buch?

Die Raupe versteht weder den Weg des Schmetterlings noch dessen Lebensgefühl, da mag letzterer sich den Mund fusselig reden. (Würde ein Schmetterling eine Raupe drängen, sich zu verwandeln, vor allem, wenn er sich an sein Raupengefühl erinnert? Er weiß, dass keine Raupe sich in einen Schmetterling hineinversetzen kann!) So ein Wesen kann eben nur dem Weg folgen, den die Natur – das natürliche Wachstum und die natürliche Wandlung – für es vorgesehen hat. Natürliche Vorgänge aber geschehen aus sich selbst heraus und es ist nur selten gut, sie beschleunigen zu wollen.

Allerdings gebe ich auch zu, dass die Szene für mich doch einigermaßen suspekt ist. Vielleicht bin ich nicht der einzige, dem es sauer aufstößt, wenn das tausendste Buch zu einer Fragestellung erscheint, zu der es schon 999 andere gibt, die dasselbe sagen.

Von 1000 Lesern so manchen Ratgeberbestsellers konnten zwei durch dessen Lektüre ihr Leben verändern und sind begeistert. Die unzählig Vielen, denen es keine Veränderung schenkte oder die es frustrierter hinterließ, als sie vorher waren, bleiben still und lassen die Wunde des erheblichen Vertrauensverlustes (ins Leben) weiter vor sich hin bluten.

Ich kenne die Statistiken einigermaßen und weiß sehr wohl, dass sich Ratgeberbücher um Längen besser verkaufen als Romane und Erzählungen (es sei denn, man hätte schon einen weltberühmten Namen). Doch nicht für jeden Verleger hat dieses Argument oberste Priorität.

Der AndreBuchVerlag steht für die Vielfalt des Lebens schlechthin, für dessen unmittelbare und oft überraschende Wahrnehmung. Das ist ideal für belletristische Texte von traditioneller Grundstruktur. Prosa, Lyrik, Kinderbücher. Der Zeitgeschichte verpflichtet, der unterhaltsamen Erinnerung an Lebensgefühle und Ereignisse, die heute gern unterschlagen werden. Spannung, Aha-Erlebnisse, Spaß. Die Dinge hinter den Dingen sind immer dabei. Doch sie stehen größtenteils nur zwischen den Zeilen, dürfen sich niemals aufdrängen.

Das ist ein schönes Verlagsprofil, und selbst, wenn wir nicht gleich auf Millionen von Leserscharen blicken können, so bewiesen uns viele Rückmeldungen, dass 80 bis 90 Prozent derer, die je ein Buch unseres Verlages kauften, so angetan bis begeistert davon waren, dass sie wiederkamen und nach dem nächsten fragten.

Daher werden wir bei unserer ursprünglichen Ausrichtung bleiben und weiter auf ihr aufbauen.

 

Andreas H. Buchwald Greith, 25. April 2019

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